Die meisten alten Wohnhäuser von Tbilissi befinden sich leider in einem unrettbarem Zustand. Die Bausubstanz ist marode, der Untergrund durch mehrere Erdbeben instabil und es fehlt an Geld und dem nötigen Engagement der Stadtverwaltung, die Häuser fachgerecht zu sanieren. Einige wenige konnten gerettet werden, wie zum Beispiel im Bethlehem Viertel.

Die alten Wohnhäuser im sogenannten „Tbilisser Stil“ bilden eine bunte Mischung aus traditionellen Formen und Jugendstilelementen. Um die Häuser winden sich großzügige Treppenaufgänge sowie breite, ornamentreiche Holzbalkone, die von dem lebensfrohen Alltag der Menschen im 18. und 19. Jahrhundert zeugen. Eine architektonische Besonderheit bilden die großzügigen Holzgalerien, die sich im Innenhof oder zur Straße hin über sämtliche Stockwerke ziehen. [Quelle: https://www.georgia-insight.eu/georgien/architektur/traditionelle-architektur, Oktober 2020]

Schon die Grenzen zwischen Innen- und Außenräumen sind fließend. Holzbalkone charakterisieren das Erscheinungsbild der Altstadthäuser von Tbilissi. Offene Balkone umziehen u-förmige Innenhöfe, und geschlossene Erker wenden sich den Gassen zu. Balkone sind Kontaktzonen. Zumal im Sommer findet ein Großteil des Privatlebens auf öffentlichen Balkonen statt, wo man dem Nachbarn über die Schultern schaut und quer über die Innenhöfe gespannte Wäscheleinen und Pergolen mit Weintrauben weitere Verbindungen legen.

Eva Dietrich, Kunsthistorikerin

Und wenn Sie aus dem Hof einen Freund rufen und er antwortet: „Ich komme!“, so wird er noch dreimal verschwinden und wieder auftauchen, mal links, mal rechts, mal auf einem Treppchen, mal noch auf einem Balkönchen, bevor es ihm gelingt, unten anzukommen, vor Ihnen stehenzubleiben und Ihnen die Hand zu drücken, höchstwahrscheinlich mit dem Verdacht, Sie wollten gar nichts von ihm.

Andrej Bitow, russischer Schriftsteller